Der Nürnberger Prozess

Ausschnitt Anklagebank Nürnberger Ärzteprozes

Ausschnitt Anklagebank Nürnberger Ärzteprozess, DRG-Ehrenmitglied Kurt Blome und DRG-Mitglied und Präsident des Ersten Großdeutschen Röntgenkongresses 1938 Georg August Weltz (IPPNW/Helmut Sörgel, Foto: Ray D'Addario)

Das Foto zeigt von links nach rechts in der hinteren Reihe Dr. Hermann Becker-Freyseng, Dr. Georg August Weltz, Dr. Konrad Schäfer, Dr. Waldemar Hoven, Dr. Wilhelm Beiglböck, Dr. Adolf Pokorny (halb zu sehen). In der vorderen Reihe sitzen von links nach rechts die Angeklagten Dr. Karl Genzken, Prof. Dr. Karl Gebhardt, Dr. Kurt Blome, Prof. Dr. Joachim Mrugowsky, Dr. jur. Rudolf Brandt.

 

Im Nürnberger Ärzteprozess, der am 9. Dezember 1946 begann und bis zum 20. August 1947 dauerte, waren insgesamt 23 Personen angeklagt, darunter auch eine Frau. Zur „Deutschen Röntgengesellschaft“ standen zwei der Angeklagten in Verbindung: Dr. Kurt Blome, der u.a. als stellvertretender Reichsgesundheitsführer und stellvertretender Leiter der Reichsärztekammer fungiert hatte, war 1940 Ehrenmitglied der „Deutschen Röntgengesellschaft“ geworden. Die Strafverfolgungsbehörden warfen ihm die Mittäterschaft und das Vorschubleisten bei Humanexperimenten, der Misshandlung und Ermordung von zehntausenden, angeblich tuberkulosekrankten polnischen Staatsangehörigen und die Durchführung des „Euthanasie“-Programms vor.

 

Der habilitierte Radiologe und Luftfahrtmediziner Dr. Georg August Weltz dagegen war ordentliches Mitglied der „Deutschen Röntgengesellschaft“, seit 1937 in ihrem Beirat vertreten und war 1938 Präsident des 29. Deutschen Röntgenkongresses in München, seinem langjährigen Wohn- und Arbeitsort. Über den ihm unterstellten SS-Hauptsturmführer Dr. Sigmund Rascher war Weltz in die oft tödlich endenden Kälte- und Druckkammerversuche involviert, die im KZ Dachau 1941 und 1942 durchgeführt worden waren. Beide Angeklagten wurden freigesprochen.

Richtlinien für neuartige Heilbehandlung und für die Vornahme wissenschaftlicher Versuche am Menschen. Reichsgesundheitsrat vom 28. 02.1931
Richtlinien für neuartige Heilbehandlung und für die Vornahme wissenschaftlicher Versuche am Menschen. Reichsgesundheitsrat vom 28. 02.1931

Richtlinien für neuartige Heilbehandlung und für die Vornahme wissenschaftlicher Versuche am Menschen. Reichsgesundheitsrat vom 28. Februar 1931 (in: Seyfarth, Carly: Der „Ärzte-Knigge“. Über den Umgang mit Kranken und über Pflichten, Kunst und Dienst der Krankenhausärzte

(2., verbesserte u. vermehrte Aufl.), Leipzig 1935 (Thieme). Anhang I, S. 92-95)

Der Nürnberger Ärzteprozess gilt auch als Ausgangspunkt einer neuen Besinnung auf ethische Grundwerte, an denen sich medizinisches Handeln orientieren solle. Der „Nürnberger Kodex“ entstand 1947 als Reaktion auf die zur Verhandlung gekommenen medizinischen Verbrechen und legte Bedingungen für einen ethisch zulässigen Humanversuch fest. Sein Kernpunkt ist die Forderung der „informierten Zustimmung“, die eine unerlässliche Vorbedingung für die Durchführung eines medizinischen Versuches am Menschen ist.

 

Oft wird übersehen, dass mit den „Richtlinien für neuartige Heilbehandlung und für die Vornahme wissenschaftlicher Versuche am Menschen“, die der Reichsgesundheitsrat der Weimarer Republik am 28. Februar 1931 verabschiedet hatte, eine sehr differenzierte Kodifizierung ethischer Grundsätze vorliegt. Diese sind durch die gesamte NS-Zeit hindurch nicht aufgehoben worden und wurden in insgesamt vier Auflagen des populären Werkes „Der „Ärzte-Knigge“. Über den Umgang mit Kranken und über Pflichten, Kunst und Dienst der Krankenhausärzte“ bis 1942 veröffentlicht.

Deutsche Röntgengesellschaft e.V. © 2018

 Impressum | Datenschutz

DE EN