Der Heidelberger Pädiater Prof. Dr. Johann Duken, seit 1933 NSDAP- und SS-Mitglied, meldete „minderwertige“ Kinder an die „Kinderfachabteilung“ Eichberg des Reichsausschusses. Dass er um deren weitere Verlegung und Tötung, meist in Hadamar, wusste und diese billigte, geht aus dem überlieferten Schriftwechsel mit den Eltern kranker Kinder hervor. Während des Krieges warnten britische Flugblätter Heidelberger Eltern davor, ihre Kinder in der Universitäts-Kinderklinik behandeln zu lassen. Nahrungsentzug und Behandlungsverzicht bei den kranken Kindern sind dokumentarisch belegt. Nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges wurde Duken als politisch „entlastet“ eingestuft; seine schweren Röntgenschädigungen hatten zu diesem Urteil beigetragen. Noch die dritte Auflage des „Ehrenbuches der Röntgenologen und Radiologen aller Nationen“ (Berlin 1992) würdigt Dukens „menschliche Wärme, Selbstlosigkeit und verschwenderische Güte“.
Dr. Kurt Blome, seit 1940 Ehrenmitglied der Deutschen Röntgengesellschaft, hatte sich um die Organisation der medizinischen Fortbildung und die Bekämpfung der Volkskrankheiten Krebs und Tuberkulose verdient gemacht. Als stellvertretender Reichsärzteführer vertrat Blome offensiv die rassenbiologische Politik des NS-Staates. Noch im März 1944 erinnerte er die Ärzteschaft im „Deutschen Ärzteblatt“ an die Pflicht zur „Meldung mißgestalteter Neugeborener“ an den „Reichsausschuss zur wissenschaftlichen Erfassung von erb- und anlagebedingten schweren Leiden“. Dessen „Kinderfachabteilungen“ dienten nicht der Erforschung und Linderung von Leiden, sondern organisierten die Tötung von Kindern mit angeborenen Missbildungen oder geistiger Unterentwicklung („Kinder-Euthanasie“). Der Begriff „Kinderfachabteilung“ sollte der Öffentlichkeit die Vermittlung qualifizierter Therapie vortäuschen und bei den Eltern um Vertrauen werben.
Der habilitierte Radiologe Dr. Friedrich Berner war, ebenso wie sein Frankfurter Chef Prof. Dr. Hans Holfelder, Mitglied der NSDAP und der SS. Beide waren ausgezeichnete strahlenmedizinische Praktiker und veröffentlichten mehrere wichtige Fachpublikationen. Berner leitete ein geschultes Team von Ärzten, das die neuartigen Kleinbildaufnahmen des SS-Röntgensturmbannes sichtete und bewertete. Von Mai bis Dezember 1941 unterbrach SS-Hauptsturmführer Berner seine Berufslaufbahn als Radiologe und übernahm die ärztliche Leitung der Tötungsanstalt Hadamar. 1942/43 folgte Berner seinem früheren Chef Holfelder und dessen SS-Röntgensturmbann zunächst in das besetzte Polen, um unter der einheimischen Bevölkerung nach Tuberkulose-Infizierten zu fahnden.
Johann Duken (Institut für Geschichte der Medizin der Charité-Universitätsmedizin in Berlin)
„Euthanasie“-Gutachter, auf Parkbank sitzend, Starnberger See (September 1941) (Bundesarchiv, B 162 Bild-00680)
Friedhof Hadamar. Die Leichen der Ermordeten wurden ab 1942 auf einem
neu angelegten Anstaltsfriedhof in Massengräbern bestattet.
(in: Tobias, Jim G./Nicola Schlichting (Hg.): nurinst 2012. Beiträge zur deutschen und jüdischen Geschichte. Schwerpunktthema: Gesundheit, medizinische Versorgung, Rehabilitation, Nürnberg 2012, S. 106)
Rauch aus den Krematoriumsöfen über der Gasmordanstalt Hadamar 1941 (in: Tobias, Jim G./Nicola Schlichting (Hg.): nurinst 2012. Beiträge zur deutschen und jüdischen Geschichte. Schwerpunktthema: Gesundheit, medizinische Versorgung, Rehabilitation, Nürnberg 2012, S. 101)
Schütze dein Kind – vertraue dem Arzt. Komm zur Mütterberatungsstunde (1940/44) (Bundesarchiv, Plak 003-015-012)
Deutsches Historisches Museum, Berlin
Menü
Deutsche Röntgengesellschaft e.V. © 2018
| Impressum | Datenschutz