„Ein Gebiet, das mit fortschreitender Forschung und Technik in den letzten Jahren an Bedeutung gewonnen hat, ist die Anwendung der Röntgen- und Radiumstrahlen in der Heilkunde, sei es zu diagnostischen, sei es zu therapeutischen Zwecken“, konstatierte das Reichsgesundheitsamt 1934 und verwies auf die notwendige Zusammenarbeit von Forschung in Universität und Industrie mit dem Staat, die durch die wissenschaftlichen Gesellschaften unterstützt werden sollte.
Die Entwicklung transportabler Geräte der Röntgen-Diagnostik, die während der NS-Zeit von mehreren Firmen zum Abschluss gebracht worden war, ist ein Beispiel für eine derartige erfolgreiche Kooperation.
1933 entwickelte Henri Chaoul die Nahbestrahlungsmethode; die Bewegungsbestrahlung, die auf Friedrich Dessauer, René du Mesnil de Rochemont und Albert Kohler zurückging, wurde 1937 eingeführt und auch die Möglichkeit des erfolgreichen Einsatzes der Röntgentiefentherapie ist ohne die enge Kooperation von Medizinern (Carl Joseph Gauss, Hermann Holthusen, Hans Holfelder) und Physikern wie Walter Friedrich oder Richard Glocker kaum denkbar.
Die neue mobile Technik war vielfältig einsetzbar: In der prophylaktischen Röntgenreihenuntersuchung auf Tuberkulose durch Schirmbildgeräte, im „feldärztlichen“ Bereich der Steckschusssondierung im mobilen Feldlazarett, aber auch im normalen Krankenhausbetrieb, indem die „Durchleuchtung des Kranken im Bett“ vorgenommen werden konnte.
In der Krebstherapie hatte sich in den ersten drei Jahrzehnten des 20. Jahrhunderts die Strahlentherapie erfolgreich neben der chirurgischen Therapie etablieren können.
Dieses Feld verzeichnete eine hohe Dynamik im Hinblick auf experimentelle Forschung und ihre Übertragung in die praktische therapeutische Nutzanwendung, die von der Annäherung der Medizinischen Physik und der klinischen Medizin sehr profitierte:
Konrad Gund, als früher Erfinder der Betatron-Technik bekannt, hatte in Erlangen die sogenannte „Siemens-Röntgenbombe“ entwickelt. Als diese 1939 der Fachöffentlichkeit vorgestellt wurde, wurde der Medizin das damals modernste Therapiegerät zur Verfügung gestellt. Die „Röntgenbombe“ kam jedoch nicht nur in der medizinischen Therapie zum Einsatz, sondern wurde auch im KZ Auschwitz in mehrmonatigen Versuchsreihen zur Röntgen-Kastration an Hunderten dorthin verschleppter Menschen benutzt.
Röntgen-Tiefentherapie an der Universitäts-Frauenklinik Frankfurt/Main (bpk/Dr. Paul Wolff)
Aus Wörle, Andreas (Hg.): Ausstellung „Strahlen und Heilkunde“
München 1938, vom 2. Juli bis
17. August im Ausstellungspark, München 1938
Röntgenbombe (Gund, Konrad: Über eine Hochleistungs-
bestrahlungsanlage mit kleinstem Raumbedarf, in: Strahlentherapie 66 (1939), S. 314-319, S. 319)
Transportables Durchleuchtungsgerät „Perfex 40“ (Griesbach, Rolf: Die Tuberkulosebekämpfung. Grundlagen und Wege zu einer einheitlichen und erfolgreichen Durchführung, Leipzig 1941, S. 235, Abb. 21)
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